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Psychiatrie: Zwischen Versorgung und Justiz

Prim. Dr. Christoph Hafner ist Leiter der forensischen Psychiatrie im niederösterreichischen Landesklinikum Mauer. Er gibt Einblick in den Aufgabenbereich und die Arbeit der Abteilung.

Prim. Dr. Christoph Hafner ist Leiter der forensischen Psychiatrie im niederösterreichischen Landesklinikum Mauer. Er gibt Einblick in den Aufgabenbereich und die Arbeit der Abteilung.

Hafner hat nach Absolvierung des Medizinstudiums in Wien mit der Turnusausbildung im Landesklinikum Waidhofen an der Ybbs begonnen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er bereits, dass er den Beruf des Psychiaters ergreifen möchte. Nach der Absolvierung der Assistenzarztzeit begann er im Landesklinikum Mauer als Facharzt. Seitdem ist er im Landesklinikum Mauer tätig, wo das gesamte Spektrum der Psychiatrie abgedeckt und einzigartig auch eine forensisch-psychiatrische Abteilung in NÖ geboten wird. Im Gespräch erklärt er, warum er diesen Beruf gewählt hat.

?Was macht die forensische Psychiatrie konkret?
Es geht um die Frage: Wie behandeln wir Patienten mit einer psychischen Erkrankung, die im Rahmen ihrer Krankheit auch ein Delikt oder eine Straftat begangen haben? Die Patienten kommen in den sogenannten Maßnahmenvollzug und werden therapiert und behandelt. Das sind Menschen mit psychia­trischer Erkrankung und Therapieauflagen sowie U- und Strafhäftlinge mit psychotischen Störungsbildern wie Haftpsychosen, Depressionen mit suizidaler Einengung und Anpassungsschwierigkeiten an die Haft. Neben der diagnostischen Abklärung wird auch bei der Entlassungsvorbereitung, bei der Behandlung der Grunderkrankung sowie der mittel- bis längerfristigen Rehabilitation mit dem Ziel der Legalbewährung, das ist die Deliktfreiheit im weiteren Leben, geholfen. Wir in der forensisch-psychiatrischen Abteilung hier im Landesklinikum Mauer übernehmen dabei eine Art Brückenkopffunktion zwischen der Versorgungspsychiatrie und der Justiz.

?Das klingt spannend, aber bis zu einem gewissen Grad auch gefährlich. Mit welchen Patienten haben Sie und Ihr Team zu tun?
Unsere Hauptaufgabe und Kernkompetenz besteht in der Diagnostik, in der Therapie und in der Rehabilitation der Patienten. Für mich ist es sehr spannend und herausfordernd, da ich zum einen mit den verschiedenen Berufsgruppen interagieren muss – also mit Richtern, Anwälten, Erwachsenenvertretern. Andererseits darf man nicht vergessen, dass all unsere Patienten ja nicht freiwillig hier in Behandlung sind und man sich die Patienten ins Boot holen muss, um eine gute, tragfähige, therapeutische Beziehung herzustellen.

?Welches Therapieziel wird verfolgt?
Als übergeordnetes Ziel geht es darum, die Gefährlichkeit, die auch mit der Straffälligkeit der Patienten in Zusammenhang steht, abzubauen. Dafür haben wir verschiedene Möglichkeiten: einerseits durch die Gabe von Medikamenten und andererseits auch ein umfassendes Therapieprogramm. Letzten Endes besteht unsere Aufgabe darin, die Menschen hier zu behandeln, zu unterstützen, zu begleiten, im besten Fall auch zu heilen. Oftmals kann man allerdings nur begleiten und unterstützen und versuchen, den Patienten doch auch ein Leben den Möglichkeiten entsprechend zur Verfügung zu stellen oder zu gewährleisten.

?Gibt es besondere Sicherheits­vorkehrungen hier im Haus?
Mit dem Neubau steht uns ein hervorragendes Sicherheitssystem zur Verfügung. Es gibt einen „Außenring“ um das Gebäude mit elektronischer Überwachung der Türen, mit Doppelschleusenfunktion, mit Videoüberwachung in allen Bereichen, mit Bildschirmen, die auf den jeweiligen Stützpunkten dann immer individuell eingesehen werden können. Wir haben entsprechend, wie es forensischer Standard ist, Zäune um die Stationsbereiche herum und auch mit speziellen Gräben, die die Höhe noch einmal anheben.

?Haben Sie manchmal Angst?
Ich mag meinen Job sehr gerne, fühle mich auch sehr wohl und denke allgemein in der Psychiatrie kann man sagen, dass man es weniger mit Krankheitsbildern zu tun hat als mit Menschen, mit allen ihren individuellen Verschiedenheiten. Und dementsprechend denke ich, gilt es auch die Therapieansätze hier zu gestalten.

?Welche Ausbildung braucht es, um in diesem Bereich arbeiten zu können?
Mediziner können im Rahmen der Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin hier in der Abteilung das sogenannte forensische Modul absolvieren. In einem Zeitraum von neun Monaten, wo Assistenten hier arbeiten, können sie einmal ein gewisses forensisches Gespür entwickeln und sich hier auch aktiv beteiligen und mitgestalten.

?Gibt es genug Ärztenachwuchs in Ihrem Fachbereich?
Aktuell nicht. Ich freue mich, wenn sich junge Ärzte für die Psychiatrie begeistern lassen und vielleicht auch darüber nachdenken, speziell zu uns ins Haus zu kommen! rh


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Prim. Dr. Christoph Hafner, Leiter der forensischen Psychiatrie, Landesklinikum Mauer. Foto: Daniela Führer
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Diverse Sicherheitsmaßnahmen sorgen für einen reibungslosen Ablauf an der Abteilung. Foto: Franz Gleiss