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Prim. MR Dr. Saxinger / Klinikum Wels-Grieskirchen: E-Health in der Dermatologie

Kaum ein medizinisches Fach eignet sich besser für E-Health als die Dermatologie. In den vergangenen Jahren haben die Entwicklungen an Momentum zugelegt. Vorsicht ist dennoch geboten: Qualitätsstandards existieren erst im Anfangsstadium.

Kaum ein medizinisches Fach eignet sich besser für E-Health als die Dermatologie. In den vergangenen Jahren haben die Entwicklungen an Momentum zugelegt. Vorsicht ist dennoch geboten: Qualitätsstandards existieren erst im Anfangsstadium.

Grundsätzlich sehr positiv betrachtet Prim. MR Dr. Werner Saxinger, MSc, Leiter der Abteilung für Dermatologie und Angiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen, die Entwicklungen in seinem medizinischen Fach. Der erfahrene Dermatologe ist sich dennoch der Kritikpunkte bewusst und wünscht sich eine intensivere Kooperation zwischen intra- und extramuralem Bereich. Fest steht, dass es leitende Krankenhausärzte ebenso wie niedergelassene Ärzte in der Hand haben, wie rasch digitale Anwendungen die Alltagspraxis erreichen.

?Wie geht es der Dermatologie grundsätzlich? Gibt es Nachwuchssorgen?
Die Dermatologie ist ein sehr breites, interessantes Sonderfach mit zahlreichen Schwerpunkten wie etwa Dermatochirurgie, Dermatoonkologie, Phlebologie, Wundmanagement, infektiöse Dermatologie, ästhetische Dermatologie, sexuell übertragbare Krankheiten (STD), Dermatohistopathologie, Autoimmunkrankheiten, um nur einige zu nennen. Durch diese große Vielfalt in einem interessanten Betätigungsfeld ist die Dermatologie beim Nachwuchs sehr geschätzt, im Regelfall gibt es keine Nachwuchssorgen. Die Nachfrage übertrifft das Angebot an Ausbildungsstellen bei Weitem.

?In welcher Form kommt E-Health in der Dermatologie zum Tragen?
Als primär visuelles Fach bietet sich die Dermatologie hier besonders für die Telemedizin an. Die Digitalisierung ist in aller Munde und aufgrund ihrer in der Diagnostik wesentlich bildgebenden Ausrichtung eignet sich die Dermatologie in besonderer Weise für eine telemedizinische Diagnosestellung und Beratung. Der Einsatz von Telekommunikationstechnologien kann zum Austausch medizinischer Informationen für Diagnostik, Konsultation, Therapie und Lehre genützt werden.
Bei der Teledermatologie werden prinzipiell drei Verfahren eingesetzt: das Store-and-forward-System, das ist die Bilderaufnahme und Weitergabe per E-Mail, das Real-time-Verfahren in Form von Live-Videokonferenzen und Hybridformen mit einer direkten Beratung.

?Wird das in Ihrer Abteilung umgesetzt?
Im stationären Alltag wird E-Health an den Kliniken vor allem in Form von Telekonsilen genützt. Wir implementieren im Klinikum Wels gerade eine Form der Telekonsultation mit dem Krankenhaus Sierning.

?Wie reagieren die Patienten darauf?
Die Patienten begrüßen diese Form der Telemedizin. Sie können dermatologisch fachärztlich beraten werden – über eine räumliche Distanz hinweg und auch zeitnah. Man erspart sich kräfteraubende lange Anfahrtswege. Zahlreiche Untersuchungen und Befragungen zeigen eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit der Patienten mit teledermatologischen Untersuchungen.

?Gibt es Qualitätsstandards für Telemedizin?
Diagnosen mittels Teledermatologie sind im Regelfall zuverlässig und genau und die klinischen Ergebnisse mit denen einer Standarduntersuchung vergleichbar. Im April 2021 wurde eine neue Leitlinie zur Teledermatologie veröffentlicht, in der Dermatologen Qualitätsstandards für die Telemedizin definieren.

?Sehen Sie durch die verstärkte Nutzung von E-Health auch Gefahren? Wenn ja, welche?
Naturgemäß gibt es auch Gefahren bzw. Grenzen der Teledermatologie: Neben technischen Schwierigkeiten wie zum Beispiel ausreichender Belichtung, Fehlen einer farbgetreuen Befundwiedergabe liegt der Hauptkritikpunkt im klinischen Bereich: Es fehlen der Palpatationsbefund sowie der oft wichtige dreidimensionale Eindruck. Weiterhin kann die Teledermatologie im Regelfall auch keine Ganzkörperhautuntersuchung ersetzen.

?Wie schätzen Sie die Zukunft von Telemedizin in der Dermatologie ein?
Die Teledermatologie wird in Zukunft ein fixer Bestandteil unserer täglichen Arbeit sein. Es ist sinnvoll und auch zweckmäßig, digitale Technologien zu nutzen, um die Herausforderungen unseres Gesundheitssystems besser zu lösen – Sichtwort: demografischer Wandel, teure medizinische Innovationen, dermatologisch-medizinische Versorgung strukturschwacher ländlicher Gebiete.  Wir sollen und müssen die telemedizinischen Möglichkeiten im Sinne einer optimalen Patientenversorgung nützen.

?Was würden Sie sich für die Entwicklungen in der Dermatologie wünschen?
Neben einer sinnvollen Integration der digitalen Möglichkeiten wünsche ich mir vor allem eine bessere Zusammenarbeit und Kooperation im intra- und extramuralen Bereich sowie teilweise zwischen den Hautabteilungen. Das sehr interessante und schöne Sonderfach Dermatologie wird nur in seiner ganzen Breite bestehen bleiben, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen und im Sinne von Kooperationen eine gemeinsame Linie erarbeiten. Im stationären Setting könnte das so aussehen, dass jede Abteilung neben einer breiten dermatologischen Basis Schwerpunkte entwickelt, die teilweise bereits vorhanden sind. In der ambulanten Versorgung der gemeinsamen Hautpatienten ist eine bessere Zusammenarbeit mit dem niedergelassenen Bereich unbedingt erforderlich – vor allem im Hinblick auf Schwerpunkte, Öffnungszeiten, Ausbildung etc. Die strikte Trennung von Spital und Ordinationen gehört meiner Meinung nach der Vergangenheit an. bw

Kurzbio

Prim. MR Dr. Werner Saxinger, MSc, ist Abteilungsvorstand Dermatologie und Angiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen. Schwerpunkte seiner Abteilung sind die Dermatochirurgie, die Dermatoonkologie sowie die Phlebologie. Saxinger ist Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Dermatochirurgie (ÖGDC). Er ist außerdem Mitglied des Oberösterreichischen Landessanitätsrates, Abgeordneter zum Nationalrat und Vorstandsmitglied der Krebshilfe OÖ.

Der VLKÖ

Der VLKÖ ist die Plattform leitender Ärzte im Gesundheitswesen. Sie hat engen Kontakt zu über 1.500 Ärzten in Führungsposition und vertritt deren Anliegen und Interessen. Eines der Hauptanliegen des Verbandes ist es, gesundheitspolitische Themen voranzutreiben, um neue, dringend benötigte Lösungsansätze für Probleme, mit denen sich Primarärzte im Berufsalltag konfrontiert sehen, zu diskutieren und so auch zu Verbesserungen beizutragen.
www.leitendekrankenhausaerzte.at

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Foto: adobe stock/agenturfotografin
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Prim. MR Dr. Werner Saxinger, MSc, Leiter der Abteilung für Dermatologie und Angiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen. Foto: zvg