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Praxiswachstum: Bei steigenden Patientenzahlen profitabel expandieren

Eine steigende Patientenzahl kann dazu führen, dass die bestehende Praxisorganisation an ihre Leistungsgrenzen stößt. Für die Praxisinhaber stellt sich die Frage, ob sie entweder neue Patienten ablehnen oder die Praxis vergrößern sollen.

Autorin: Tina Jung, MBA. MEDconcept Unternehmensberatung GmbH
www.medconcept.at
www.medplan.at

Eine frühzeitige und umsichtige Planung ist von entscheidender Bedeutung, wenn es um die Vergrößerung der Praxis geht. Das hilft nicht nur dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, sondern auch ein besseres Verständnis der damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen zu bekommen. Auch die Erstellung einer Planrechnung, des sogenannten Businessplans, für die Expansionsphase ist zu empfehlen.

Die Vergrößerung einer Arztpraxis in Österreich kann ein entscheidender Schritt sein, um mit steigenden Patientenzahlen und wachsenden Anforderungen Schritt zu halten. Doch wie können eine sorgfältige Planung und eine realistische Kalkulation zum Erfolg beitragen?

Wege der Expansion

Wenn man sich mit der Vergrößerung der eigenen Praxis befasst, stellt sich in einem ersten Schritt die Frage, wie diese Expansion gestaltet werden soll. Zwei wesentliche Optionen bieten sich hierfür an:

  1. Erweiterung des Praxisteams: Eine Möglichkeit, die Praxis zu vergrößern, besteht darin, die Mitarbeiteranzahl zu erhöhen. Dies kann die Aufnahme von medizinischem Assis­tenzpersonal und zusätzlichem Rezeptionspersonal einschließen. So oder so hilft ein größeres Ordinationsteam, die Patientenversorgung zu verbessern und den Betrieb effizienter zu gestalten.
  2. Die Anstellung von Ärzten: Die Motive für eine Anstellung können vielfältig sein und reichen von der Vorbereitung auf die spätere Praxisübergabe bis zur vorübergehenden Entlastung des Praxisinhabers oder der Praxisvergrößerung. Um das betriebswirtschaftliche Risiko einer Anstellung zu minimieren, ist es entscheidend, vorab zu klären, ob bzw. unter welchen Umständen sich das rechnet oder nicht. Um die Ausgaben und Einnahmen des angestellten Arztes zu ermitteln und im laufenden Betrieb zu überwachen, können beispielsweise die Fallzahlen bzw. die erbrachten medizinischen Leistungen und die dadurch erzielten Umsätze genauer analysiert und anschließend eine oder mehrere Simulationen durchgeführt werden. Eine klare Aufschlüsselung der Patientenzahlen, der erbrachten Leistungen und Gehaltszahlungen kann wertvolle Einblicke bieten.
  3. Gründung einer Gruppenpraxis: Eine weitere Option zur Erweiterung einer Ordination besteht darin, eine Einzelpraxis in eine Gruppenpraxis umzuwandeln. Sich mit mehreren Ärzten zu „vergesellschaften“ und so Ressourcen zu bündeln, macht vor allem dann Sinn, wenn die zusammenarbeitenden Ärzte über verschiedene, sich ergänzende Spezialisierungen oder Weiterbildungen verfügen.

Innovative Organisationsform

In Österreich haben Primärversorgungseinheiten (PVE) in jüngster Zeit wesentlich an Bedeutung gewonnen. Diese innovative Organisationsform ermöglicht eine umfassende Gesundheitsversorgung, bei der Allgemeinmediziner und seit Kurzem auch Fachärzte für Kinderheilkunde eng mit verschiedenen Gesundheits- und Sozialberufen in einem interdisziplinären Team zusammenarbeiten.
In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht operieren Gruppenpraxen meist in Form von Offenen Erwerbsgesellschaften (Ärzte OGs) oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Ärzte GmbHs). Die eigenständige Rechtspersönlichkeit der Gruppenpraxis bedeutet, dass sie in der Lage ist, Räumlichkeiten anzumieten, Mitarbeiter anzustellen sowie Verbrauchsmaterial und Ausrüstung zu erwerben.
Wird die Gründung einer Gruppenpraxis in Erwägung gezogen, sollte man sich mit den folgenden Fragen auseinandersetzen und sich steuerlich und rechtlich von Experten beraten lassen:

  • Welche Rechtsform ist die richtige und wo liegen die Unterschiede?
  • Wie wird die Ordination bewertet?
  • Was sind die steuerlichen Rahmenbedingungen?
  • Was kostet der Beitritt zu einer Gruppenpraxis?

Eine aktuelle Planrechnung

Um die Möglichkeiten und Erfordernisse des Praxiswachstums jederzeit gut abschätzen zu können, ist eine laufende, aktuelle Planrechnung von großer Bedeutung. Werden nämlich die aktuellen Kosten und Umsätze analysiert und wird eine Prognose für die kommenden Jahre erstellt, ergibt sich ein klareres Bild darüber, ob und welche Anpassungen notwendig sind und ob gegebenenfalls eine Finanzierung erforderlich ist.
In einer Planrechnung wird dargestellt, wie sich die Umsätze in den nächsten Jahren voraussichtlich entwickeln werden. Diese werden dann mit den sich ändernden Kosten abgeglichen. So können weitere Personalkosten, steigende Energiepreise oder Mietkosten einberechnet werden oder auch, ob etwaige Investitionen möglich sind und sich auszahlen.

Businessplan auch bei Erweiterung wichtig

Ein gut durchdachter Businessplan ist nicht nur bei der Gründung, sondern auch bei der Vergrößerung bzw. Erweiterung einer bestehenden Praxis von Bedeutung. Dieser sollte die folgenden Aspekte abdecken:

  • Finanzierung: Ist eine Fremdfinanzierung notwendig, um die Erweiterung umzusetzen?
  • Langfristiger Erfolg: Die Berechnung des langfristigen Erfolgs und die Festlegung eines Zielumsatzes sind entscheidend.
  • Mindestumsatzberechnung: Die Bestimmung der Mitarbeiterkos­ten und aller laufenden Kosten ist ein wichtiger Schritt, ebenso wie die Mindestumsatzberechnung.
  • Mehrjährige Betrachtung: Einnahmen und Ausgaben sollten für mehrere Jahre im Voraus kalkuliert werden, um eine langfristige Rentabilität sicherzustellen.

Die Herausforderungen der ersten Expansionsphase

Die erste Phase der Expansion erfordert Durchhaltevermögen, da die meisten Praxen vor der Erweiterung wirtschaftlich stabil unterwegs waren. In den ersten ein bis zwei Jahren können die Gewinne zurückgehen, da die Patientenzahlen und Umsätze langsamer wachsen, während die Kosten steigen. Zu einer signifikanten Steigerung der Praxisleistung kommt es oft erst nach einigen Jahren. In der Regel steigen dann aber die Erträge erheblich.

Gründliche Planung als Schlüssel zum Erfolg

Eine erfolgreiche Expansion erfordert eine gründliche Planung. Dazu gehören:

+ Realistische Kalkulationen: Eine genaue Berechnung der Erweiterungskosten, einschließlich Investitionen und zusätzlicher laufender Betriebskosten, ist unerlässlich.

+ Räumliche Planung: Die Größe und Verteilung der Räumlichkeiten, mögliche Renovierungen und die Austattung sollten sorgfältig geplant werden. Ebenso der Wartebereich und die Anzahl der Behandlungsräume.

+ Zeitliche Planung: Die Arbeits- und Ordinationszeiten der Ärzte sowie die mögliche Ausweitung dieser sollten berücksichtigt werden.

+ Personaleinsatz: Die Optimierung des Personaleinsatzes ist entscheidend, einschließlich der Festlegung, wie viele zusätzliche Mirarbeiter benötigt werden.

+ Erweiterung des Leistungsangebotes: Die Überlegung, ob angestellte Ärzte oder weitere Partnerärzte mit anderen Qualifikationen oder Weiterbildungen benötigt werden, und eine gründliche Marktanalyse zur Nachfrage und zum Wettbewerb.

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Tina Jung, MBA, MEDconcept Unternehmensberatung GmbH, www.medconcept.at© ZVG