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Juniorpartner in der Gruppenpraxis

Für Jungärzte, die den Einstieg in das Kassensystem planen, gilt die Beteiligung als Juniorpartner in einer Gruppenpraxis als probater Weg. Ausreichend Vorlaufzeit, gute Planung und die Absicherung möglicher Stolpersteine dürfen dennoch nicht fehlen.

Für Jungärzte, die den Einstieg in das Kassensystem planen, gilt die Beteiligung als Juniorpartner in einer Gruppenpraxis als probater Weg. Ausreichend Vorlaufzeit, gute Planung und die Absicherung möglicher Stolpersteine dürfen dennoch nicht fehlen.

Seit 2002, als die gesamtvertragliche Möglichkeit eingerichtet wurde, Gruppenpraxen zu gründen, ist die Zahl der jährlich neu gegründeten Gruppenpraxen stetig im Steigen begriffen. Seither ist die Gruppenpraxis bundesweit ein wahres Erfolgsmodell. Die Gruppenpraxis unterscheidet sich von einem losen Zusammenschluss mehrerer Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis dadurch, dass die Gruppenpraxis selbst als Rechtsperson Träger von Rechten und Pflichten sein kann, während bei Gemeinschaftspraxen diese nach außen, beispielsweise gegenüber dem Patienten, nicht in Erscheinung tritt, sondern nur immer der jeweilige Arzt als physische Rechtsperson. Die Ärztekammern bieten umfassende Beratungen für interessierte Jungärzte und potenzielle Seniorpartner an. Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA, Ärztekammer für Oberösterreich, ist zuständig für Medizinrechtsfragen (www.infofürärzte.at) und gibt Einblick in mögliche Beteiligungsformen.

? Ist der Einstieg als Juniorpartner in eine Gruppenpraxis ein guter Weg für junge Ärzte, um in das Kassensystem einzusteigen? Warum?
Ja, diese Form der Zusammenarbeit hat sich in Oberösterreich bestens bewährt, zumal dem Juniorpartner, der in der Regel ausschließlich oder zumindest überwiegend eine angestellte Tätigkeit ausübte oder eine Wahlarztordination hatte, die Möglichkeit geboten wird, in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Seniorpartner und auch unter dessen Anleitung das Kassensystem kennenzulernen. Damit wird der Einstieg in die niedergelassene Vertragsarzttätigkeit ungemein erleichtert.

? Welche Überlegungen sind dabei relevant?
Ausschlaggebend dafür ist, ob jemand, sofern überhaupt eine selbstständige, freiberufliche Tätigkeit angestrebt wird, als Wahlarzt oder eben als Kassenarzt arbeiten möchte. Kassenarzt zu sein bedeutet viel mehr, als „nur“ Medizin zu betreiben, man ist in dieser Funktion auch Dienstgeber, Vorgesetzter und auch ein (betriebs-) wirtschaftliches Interesse ist von Vorteil, wenn man nicht ausschließlich auf andere Experten angewiesen sein möchte. Zusätzlich gibt es verschiedene Sozialversicherungsträger als Vertragspartner, mit denen auch die Einzelverträge abgeschlossen werden. In der Gruppenpraxis ist eine Zusammenarbeit in einer bestehenden Praxis „auf Augenhöhe“ gemeinsam mit einem anderen Arzt möglich und der Juniorpartner lernt sukzessive den gesamten Ablauf und den Patientenstock kennen. Grundvoraussetzung ist aber, dass ich überhaupt mit einem anderen Arzt zusammenarbeiten möchte.

? Mit wie viel Vorlaufzeit sollte gerechnet werden?
Als minimale Vorlaufzeit sollten mindestens sieben Monate eingeplant werden. Wir empfehlen den Seniorpartnern, ein Jahr vor Beginn der Gruppenpraxis mit uns Kontakt aufzunehmen und erstellen gemeinsam mit jedem Arzt einen individuellen Zeitplan, sodass dieser auch nach der Beratung sofort auf einen Blick erkennen kann, welcher Schritt bis wann erledigt werden muss, damit die Gruppenpraxis zum gewünschten Quartalsersten beginnen kann.

? Wie und wo informieren sich Jungärzte am besten vorab?
Bei der Ärztekammer für Oberösterreich werden von drei Juristen telefonische und/oder persönliche Gruppenpraxisberatungen angeboten. Wenn bereits klar ist, dass bestimmte Partner zusammenarbeiten möchten, bietet sich ein gemeinsamer Termin an, damit alle über den gleichen Wissenstand verfügen. Zusätzliches Wissen kann in gezielten Vorträgen erworben werden. Auf unserer Website unter www.aekooe.at/niedergelassen/aerztliche-kooperationsformen/gruppenpraxis werden umfangreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt und können daher diese mündlichen Informationen auch genau nachgelesen werden. Schwierig wird es dann, wenn sich die Juniorpartner nicht oder zu wenig informieren oder erst dann auf uns zukommen, wenn es Probleme gibt.

? Welche Modelle sind verfügbar und was bedeuten sie für einen Juniorpartner?
Derzeit haben wir vier verschiedene Modelle: Im Modell 1 arbeiten zwei bereits bestehende Kassenärzte zusammen. Das Modell 2 ist das sogenannte Bruchstellenmodell, bei dem eine Kassenstelle im Einvernehmen zwischen ÖGK und Ärztekammer für Oberösterreich um den Faktor von 0,3 bis 0,7 ausgeweitet wird. Als „Jobsharing“ wird unser Modell 3 bezeichnet, wobei sich in diesem Fall der Seniorpartner dazu entschließt, seine bestehende Praxis mit einem anderen Arzt zu teilen. Beim Modell 2 und 3 kann der Seniorpartner unter den ersten vier gereihten Bewerbern aussuchen, wobei der Kassenvertrag während der Dauer der Gruppenpraxis ruht und grundsätzlich, abgesehen von besonderen Ausnahmen, nicht an den Juniorpartner übergeht. Als Minimalanteil ist in beiden Fällen ein Anteil von 30 % auszuschreiben. Der Juniorpartner hat diesem Anteil entsprechend auch die Arbeit zu leisten. Das Modell 4 als „Nachfolgemodell“ zeichnet sich dadurch aus, dass eine Zusammenarbeit in der Dauer von drei Monaten bis maximal drei Jahren vorgesehen ist. Eine Auswahl ist bei Modell 4 nicht möglich, sondern nur der punktebeste Bewerber kann als Juniorpartner gewählt werden. Beim Nachfolgemodell arbeiten Junior- und Seniorpartner je zu 50 %.

? Wo bestehen die Chancen, wo die Risiken dieser Modelle?
Die Chancen der Gruppenpraxis sind enorm. Viele Selbstständige leiden darunter, dass sie keinen wirklichen fachlichen Austausch mit anderen haben. Die Gruppenpraxis ermöglicht diesen in einem Team auf selbstständiger und freiberuflicher Basis. Auf die doch langjährige Erfahrung mit Gruppenpraxen zurückblickend fällt mir als einziges Risiko ein, dass die Partner aufgrund ihrer Persönlichkeit kein Verständnis füreinander haben und daher auch nicht (mehr) zusammenarbeiten können. Auslöser dafür sind nicht immer unbedingt die Partner selbst, sondern manchmal auch deren Ehepartner.

? Welche Fragen haben sich in der Vergangenheit als häufige Hindernisse erwiesen?
Die einzige Frage, die mir als wahres Hindernis einfällt, ist diejenige, die im Vorfeld nicht gestellt wurde. Das Angebot seitens der Ärztekammer für Oberösterreich besteht, es liegt in der Verantwortung jedes Juniorpartners, dieses auch zu seinen Gunsten zu nützen. Gruppenpraxen existieren bereits seit dem Jahr 2002 in Oberösterreich als Routineprogramm und auch bestehende Umfragen haben diesem System eine hohe Auszeichnung verschafft. In Anbetracht der großen Anzahl an positiven Beispielen fallen die wenigen Gruppenpraxen, bei denen eine Zusammenarbeit nicht funktioniert hat, zahlenmäßig nicht ins Gewicht. bw

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Foto: istockphoto/stockvisual