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Es war einmal …

… so beginnen üblicherweise Märchen, die meist ein Happy End haben. Ob das auch für den Ärztemangel gilt?

… so beginnen üblicherweise Märchen, die meist ein Happy End haben. Ob das auch für den Ärztemangel gilt?

Lange Wartezeiten, überlastete Ambulanzen, nicht zu bespielende Diensträder oder eine Gefahr für die Patientensicherheit sind nur einige der Facetten, die der Ärztemangel mit sich bringt. Während die einen unermüdlich die hohe Ärztedichte loben und „nur“ von einer falschen Verteilung sprechen, sind sich die anderen sicher, dass der Personalmangel das Gesundheitssystem demnächst zum Kippen bringen wird. Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Waneck, Vizepräsident des Verbandes leitender Krankenhausärzte (VLKÖ), blickt über den Tellerrand, denn das Thema ist grenzüberschreitend virulent.

?Wie stellt sich der Ärztemangel in Europa dar?

Eine Erhebung, die erst rund sechs Monate alt ist, hat gezeigt, dass innerhalb der gesamten EU 13 Prozent der Planstellen in den Spitälern nicht besetzt werden können. Das hat zur Folge, dass Abteilungen geschlossen werden müssen und damit Patienten einfach nicht versorgt werden können. Im neuen Krankenhaus Floridsdorf können Abteilungen gar nicht erst geöffnet werden, weil es an Personal fehlt.

?War diese Entwicklung vorhersehbar?

Der Zustrom aus Osteuropa, der den Mangel eine Zeitlang kompensieren konnte, ist versiegt. Außerdem ist die Medizin schon seit vielen Jahren frauendominiert, doch 40 Prozent davon arbeiten nicht Vollzeit. Die Wiener Gebietskrankenkasse rechnet damit, dass für eine Vollzeitplanstelle drei Teilzeitkräfte eingestellt werden müssen. Bei der Zahl der Absolventen kann sich das nicht mehr ausgehen.

?Wo müsste der Anfang gemacht werden, um gegenzusteuern?

Ich habe in Schweden studiert und an dem Tag, an dem ich mein Medizinstudium beendet hatte, wurde der Numerus Clausus eingeführt. Bis heute gibt es dort zu wenig Ärzte. Wer hierzulande fertig wird, geht nach Deutschland und in die Schweiz, denn auch dort fehlen gute Mediziner und die Rahmenbedingungen sind attraktiv. Frankreich hat für das kommende Wintersemester die Zugangsbeschränkungen aufgehoben, weil es zu wenig Anmeldungen gibt. Bei uns ist der Effekt umgekehrt: Von den Tausenden Studienwilligen bekommen lediglich zehn Prozent einen Studienplatz. Und das ist fatal, denn nicht jeder der Absolventen landet auch in der versorgungswirksamen Medizin. Manche gehen in die Industrie, andere in die Forschung.

?Müssten an Universitäten mehr Studienplätze zur Verfügung stehen?

Früher konnten mehr Studierende beginnen und über die Prüfungen kam es zur Selektion. Heute studieren diejenigen, die gute Noten haben oder Eingangstests bestehen. Das müssen aber nicht notwendigerweise auch die sein, die sich als enthusiastische Mediziner herausstellen. Die Zugangsbeschränkungen haben auch dazu geführt, dass hier eine ganz andere Gruppe von Medizinern heranwächst.

?Welche Lösungen hat der VLKÖ?

Wenn eine Primariatsstelle ausgeschrieben ist, melden sich bei Weitem nicht mehr so viele Bewerber. Früher waren es sieben bis zehn, heute muss man froh sein, wenn man drei Bewerbungen bekommt. Wir wollen junge Menschen motivieren, daher können auch junge Oberärzte schon Mitglied im VLKÖ werden und ihr Netzwerk auf- und ausbauen. Unsere Mitglieder bemühen sich darum, dass die Führungspositionen in Spitälern wieder zu einem attraktiven Arbeitsplatz werden. Wir unterstützen auch den Facharzt für Allgemeinmedizin, um hier den Mangel an Nachwuchs zu beheben. rh

Der VLKÖ

ist die Plattform leitender Ärzte im Gesundheitswesen. Sie hat engen Kontakt zu über 1.500 Ärzten in Führungspositionen und vertritt deren Anliegen und Interessen. Gesundheitspolitische Themen, mit denen sich Primarärzte im Berufsalltag konfrontiert sehen, werden diskutiert und sollen zu lösungsorientierten Verbesserungen führen. Die Mitglieder des VLKÖ verfügen über hohe fachliche Expertise hinsichtlich ihrer Organisation und über sehr gute Kenntnise des österreichischen Gesundheitswesens. Mit allen wichtigen medizinischen Fakultäten, Akademien und Gesundheitsinstitutionen wird eng kooperiert.
www.leitendekrankenhausaerzte.at

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Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Waneck, Vizepräsident des VLKÖ. Foto: VLKÖ