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„Alle Institute und Kliniken sind in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen“

Im Gespräch mit Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Fleischhacker, Rektor Med Uni Innsbruck.

?Wo liegen für Sie aktuell die größten Herausforderungen in der Lehre, Forschung und Patientenbetreuung?
Die größte Herausforderung in der Lehre ist, eine hervorragende forschungsgeleitete Lehre nach modernen didaktischen Maßgaben umzusetzen. Obwohl hier digitale Medien gezielt zum Einsatz kommen werden, setzen wir an der Medizinischen Universität Innsbruck weiterhin auf Präsenzlehre.
In der Forschung ist es herausfordernd, dass in Österreich im Vergleich mit den Nachbarländern weniger Möglichkeiten bestehen, Drittmittel für die Grundlagenforschung einzuwerben. Darüber hinaus ist auch die Verfügbarkeit von entsprechenden Laborflächen eine fordernde Aufgabe, insbesondere da wir in Innsbruck auch weiterhin anstreben, fußläufig alles am Campus erreichen zu können – die räumliche Nähe von Lehre, Forschung und Krankenversorgung ist eines unserer Markenzeichen.
Im Hinblick auf die Patientenbetreuung ist die Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitengesetzes nach wie vor eine riesige Herausforderung. Darüber hinausgehend ist unser Anspruch, auch im Rahmen sich ändernder gesellschaftlicher Bedürfnisse eine attraktive Arbeitgeberin zu bleiben. Auch die klinische Forschung spielt eine wichtige Rolle. Die Medizin entwickelt sich immer mehr in Richtung Präzisionsmedizin und personalisierter Medizin. Dafür braucht es eine starke Einbindung der Forschung.

?Wo liegen für Sie die größten Stärken der Med Uni Innsbruck?
Wir haben an der Medizin Uni Innsbruck ein ausgezeichnetes Forschungsumfeld, wir konnten in den vergangenen Jahren eine Infrastruktur aufbauen, die Forschung auf höchstem Niveau erlaubt. Darüber hinaus legen wir großen Wert auf Vernetzung zwischen den klinischen und nicht-klinischen Bereichen.
Dabei hilft uns die räumliche Nähe: Trotz der Größe und Bedeutung der Medizinischen Universität Innsbruck sowie unseres Alleinstellungsmerkmals in Westösterreich sind wir immer noch eine Universität, an der alle Institute und
Kliniken problemlos innerhalb von fünf Minuten zu Fuß zu erreichen sind. Das erleichtert Studierenden, Forschenden und Ärzten die Kommunikation und Zusammenarbeit. Unserem Exzellenzanspruch werden wir im Rahmen der nationalen und internationalen Berufungen gerecht, was uns wiederum hilft, ein hervorragendes Forschungsökosystem mit hochmotivierten Mitarbeitern auf allen Karrierestufen aufzubauen. Darüber hinaus legen wir nach wie vor großen Wert auf unseren Nachwuchs. Wir bieten ein breites Lehrangebot, in dem die Interessen und Talente der Studierenden umfassend gefördert werden. Das alles eingebettet in ein sehr attraktives Umfeld: Innsbruck.

?Wie zeitgemäß ist der MedAT? Gibt es aus Ihrer Sicht Alternativen?
Mit dem MedAT gibt es in Österreich seit über zehn Jahren ein rechtssicheres, objektivierbares Verfahren, das den EU-Vorgaben entspricht und die Dimension der Studierfähigkeit sehr gut berücksichtigt. Ein Vorteil, zum Beispiel gegenüber Deutschland ist auch die österreichweit gleiche Durchführung. Ein komplett freier und kostenloser Zugang zum Studium ist mit einem Blick auf die Bewerberzahlen nicht mehr realistisch.
Bei jedem MedAT-Durchlauf wird genau geprüft, ob Fairness und Chancengleichheit für die unterschiedlichen Gruppen von Bewerbern gegeben sind. Auch im Vergleich zu alternativen Aufnahmekriterien wie Schulnoten, Bewerbungsgesprächen oder der Erfassung von freiwilligen Aktivitäten bietet das aktuelle Verfahren Vorteile in Bezug auf Objektivität, Validität und Fairness. Alternativen zum etablierten Aufnahmeverfahren müssen auch hinsichtlich der Rechtssicherheit für die Studienbewerber und die Universitäten beurteilt werden.
Eines ist jedenfalls wichtig: Der MedAT wurde entwickelt, um vorauszusagen, ob jemand das Studium schaffen kann, und nicht, ob eine Person später auch einmal eine gute Ärztin oder ein guter Arzt wird. Es ist auch wichtig anzumerken, dass die Zugangsregelungen einige in sie gesetzte Erwartungen definitiv erfüllt haben: die Senkung der davor hohen Drop-out-Rate auf unter rund 5 % und die Erhöhung der Abschlussrate auf annähernd 90 % bei Senkung der durchschnittlichen Studiendauer.

?Der Ärztemangel ist seit vielen Jahren ein Thema. Werden zu wenige Mediziner ausgebildet? Wo sehen Sie die größten Hürden, wo gibt es gute Lösungen?
Aus meiner Sicht, und da weiß ich mich im Einklang mit meinen Kollegen in Graz, Linz und Wien, bilden wir in Österreich eine ausreichende Zahl an hochqualifizierten und motivierten Ärzten aus. Wir müssten sie nur klug und umsichtig einsetzen.
Im Konzert mit Spitalsträgern gäbe es durchaus auch Möglichkeiten, die schon kurzfristig Erfolge zeitigen könnten. Dazu zählt die expeditive Anstellung von Absolventen, damit diese nicht schneller verfügbare Stellen im Ausland annehmen. Im Krankenhaus sollten Ärzte so viel wie möglich von administrativen Aufgaben entlastet werden, damit sie sich auf ihre ärztlichen Kernkompetenzen konzentrieren können. Hier bewähren sich in vielen Staaten medizinische Dokumentationsassistenten.
Weiters setzen sich alle Rektoren dafür ein, die neunmonatige Basis­ausbildung nach dem Studium, die große Redundanz mit dem KPJ aufweist, abzuschaffen. Diese ist ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber Nachbarländern, wo sie nicht gefordert wird und daher junge Ärzte sofort mit der gewünschten Fachausbildung beginnen können. Nicht zuletzt könnten Medizin­unis mittels ihrer wissenschaftlichen Kompetenz zur Erstellung von Ärztebedarfsstudien beitragen.
Alle hier genannten Maßnahmen, die mit gutem Willen relativ rasch realisierbar wären, würden wohl deutlich zu Attraktivität und Effizienz ärztlicher Tätigkeit in Österreich beitragen. All dies sind Beispiele, die keiner großen Systemänderungen bedürfen und die, regionalen Bedürfnissen entsprechend, einfach umgesetzt werden könnten. Vorschläge zu größeren Würfen, wie etwa einer Redimensionierung der stark föderalen Gesundheitspolitik, überlasse ich gerne den entsprechenden Experten und dem politischen Weitblick.

?Welche Fächer sind besonders attraktiv, welche weniger?
Auch die Medizin ist in gewisser Weise der Mode unterworfen – manchmal ist halt eine Farbe beliebter als eine andere, ähnlich ist das auch mit der Attraktivität der Fächer in der Medizin. Grundsätzlich ist die Medizin in Österreich aber nach wie vor hoch attraktiv. rh

Über die Universität

Die Medizinische Universität Innsbruck war eine der vier Gründungsfakultäten der Universität Innsbruck. In ihrer 350-jährigen Geschichte war sie stets eines der wichtigsten Aushängeschilder der Universität. So arbeiteten drei der insgesamt fünf Nobelpreisträger der Innsbrucker Universität am Institut für Medizinische Chemie. Heute ist sie mit rund 3.400 Studierenden und etwa 2.200 Mitarbeitern die bedeutendste medizinische Forschungs- und Bildungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. Zum Studienangebot gehören die Studienrichtungen Humanmedizin, Zahnmedizin und Molekulare Medizin. Etwa 350 PhD-Doktoranden belegen eines der 12 angebotenen thematischen Programme im PhD- oder Clinical PhD-Studium. Universitätslehrgänge, -kurse und ein breites Spektrum von professionellen Weiterbildungsmöglichkeiten runden das Ausbildungsangebot ab. www.i-med.ac.at

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Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Fleischhacker, Rektor Med Uni Innsbruck© MUI/F. Lechner