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Hohe Zufriedenheit am Arbeitsplatz in Reha- oder Kureinrichtungen

Laut einer Befragung der Ärztekammer für Oberösterreich sind die in oberösterreichischen Einrichtungen tätigen Reha- und Kurärzte grundsätzlich zufrieden mit ihrer Arbeitssituation. Dennoch zeigen sich auch in diesem Sektor Veränderungen und Auswirkungen der Personalknappheit, wie Projektleiterin Mag. Sabine Weißengruber-Auer erläutert.

Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich (OÖ) und LIG-Obmann

Die Anforderungen an die Reha-Medizin verändern sich stetig. Aufgrund einer allgemein kürzeren Verweildauer in den Akutkrankenhäusern nimmt die Fallschwere zu, was den Rehabilitationsgrad erhöht. Aber nicht nur im Reha-Bereich kam es zu einem Wandel, sondern auch im Kurwesen hat sich in den letzten Jahren viel verändert. „Der Weg führte von der 08/15-Kur hin zu einer verstärkten Ausdifferenzierung der einzelnen medizinischen Kurangebote“, erklärt Mag. Sabine Weißengruber-Auer vom Linzer Institut für Gesundheitssystem-Forschung (LIG) und Projektleiterin der Umfrage. „Seit jeher ist die medizinische Rehabilitation eine maßgebliche Säule der österreichischen Gesundheitsversorgung. Im Jahr 2021 lag die Zahl an Rehabilitationen österreichweit bei 137.531 Patienten, wobei hier zu bedenken ist, dass 2021 noch ein sogenanntes ‚Coronajahr‘ war und die Zahl der Reha-Patienten 2023 wieder einen Anstieg erfahren hat“, ergänzt die Expertin.

Beachtliche Rücklaufquote

Bereits im Frühjahr 2023 führte das LIG unter den Reha- und Kurärzten eine Umfrage zur Zufriedenheit der in Reha- und Kureinrichtungen tätigen angestellten Ärzte durch. Weißengruber-Auer und ihr Team konnten sich dabei über eine Rücklaufquote von 36,4 % freuen. Mit dieser hohen Zahl an rückgesandten Fragebögen war auch der Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich und LIG-Obmann, Dr. Peter Niedermoser, sehr zufrieden: „Der hohe Rücklauf und die Ergebnisse der Umfrage bestätigen unsere Arbeit als Standesvertretung. Wir setzen uns schon seit vielen Jahren für die in den stationären und ambulanten Einrichtungen tätige Kollegenschaft ein. Flexible Arbeitszeitmodelle sind schon immer eine der Stärken dieser Institutionen gewesen. Sie werden dem Trend zur besseren Work-Life-Balance gerecht und bieten außerdem eine Möglichkeit für eine Nebenbeschäftigung im Rahmen einer Wahlarztordination.“
In der Ärztekammer für OÖ existiert seit Langem ein eigenes Referat für Reha-Einrichtungen. Die Leiterin, Prim. Natalie Gibis, erläutert die Strukturen in den Reha- und Kureinrichtungen: „Rund 67 % der befragten Ärzte sind als Arzt für Allgemeinmedizin tätig, während der Rest als Facharzt angestellt ist. Die größte Gruppe arbeitet in einer Einrichtung mit Behandlungsschwerpunkt Bewegungs- und Stützapparat, gefolgt von Ärzten in Einrichtungen mit neurologischem Schwerpunkt und Häusern mit Schwerpunkt Herz- und Kreislauferkrankungen.“ Rund zwei Drittel der Reha- und Kurärzte absolvieren in ihrer Einrichtung Nacht- bzw. Bereitschaftsdienste. In Hinblick auf das Beschäftigungsausmaß geben knapp über die Hälfte der Befragten an, dass sie Vollzeit arbeiten.

Einkommen: Luft nach oben

Zum eigentlichen Kernpunkt der Umfrage – der Zufriedenheit am Arbeitsplatz – geben mehr als drei Viertel der befragten Ärzte an, mit ihrer beruflichen Situation und mit ihrer Arbeitszeitgestaltung vor Ort sehr zufrieden bzw. zufrieden zu sein.
„Die Arbeit in den Reha- und Kureinrichtungen weist aber – verglichen mit den hohen allgemeinen Zufriedenheitswerten – einen Wermutstropfen auf: Das Einkommen betreffend besteht noch Luft nach oben“, berichtet die Studienleiterin Weißengruber-Auer. „Das Gehaltsgefüge in Reha- und Kureinrichtungen ist weniger transparent als das Gehaltsschema öffentlicher Krankenanstalten. Darüber hinaus können fehlende Zulagen, wie etwa eine Gefahrenzulage, oder nicht einheitlich geregelte Fortbildungsbudgetierungen ein Grund für die geringen Zufriedenheitswerte sein. Das Problem der Nachtdienststunden als „Nicht-Arbeitszeit“ scheint vom Arbeitgeber abhängig zu sein, wie aus den offenen Antworten ersichtlich ist“, so die Expertin. Außerdem sei die Ärztekammer in die Gehaltsforderungen, anders als bei öffentlichen Spitälern, nicht eingebunden, was die Situation zunehmend erschwere.

Bedingungen gut, Verbesserungen wünschenswert

„Die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen in Rehabilitationseinrichtungen müssen attraktiver werden“, lautet der Unisono-Tenor von Präsident Niedermoser und der Referatsleiterin Gibis. Wie überall ist vor allem die Zeit, die für die Patientenversorgung zur Verfügung steht, ein Knackpunkt: Hier geben lediglich 50 % gute Zufriedenheitswerte an. Gleichzeitig sind nur 23 % der teilnehmenden Ärzte mit der Personalsituation im Reha- und Kurbereich zufrieden. Über 60 % bewerten die Situation als unzufrieden bzw. sehr unzufrieden. „Wie bereits erwähnt, kommen hier die Auswirkungen der erhöhten Fallschwere zum Tragen: Die Anzahl schwer erkrankter Personen in Reha-Einrichtungen wird aufgrund des technischen Fortschrittes der Medizin in den kommenden Jahren weiter zunehmen“, so Gibis. Immer mehr Patienten überleben ehemals lebensbedrohliche Krankheiten und finden sich dann in Reha- und Kur­einrichtungen wieder. Der Umgang mit der Patientenflut ist von Haus zu Haus verschieden. „Die aktuellen Leistungsprofile geben einen relativ guten Spielraum für die Patiententaktung. Ob die Vorgaben eingehalten werden oder nicht, liegt wie oft bei den Verantwortlichen der einzelnen Häuser“, erläutert Gibis.

Ein Ärztemangel in Reha- und Kureinrichtungen bestehe laut Niedermoser wie allerorts schon länger. Wie in vielen ärztlichen Bereichen fehlt es auch in der Reha-Medizin an Nachwuchs. Die Aussichten auf eine Verbesserung sind aktuell eher düster. Aufgrund besserer Verdienstmöglichkeiten und höherer Karrierechancen bleiben Ärzte in Einrichtungen der Akutversorgung oder wechseln in den extramuralen Bereich. Zudem gibt es trotz vorhandener Ausbildungsplätze kaum Ärzte in Ausbildung, die einen Teil ihrer Ausbildung in einer Reha-Einrichtung absolvieren.

Die Tatsache, dass Ärzte in Akuteinrichtungen wenig Information über das Tätigkeitsfeld in Reha- und Kureinrichtungen haben, weist nach Ansicht des oberösterreichischen Ärztekammer-Präsidenten auf ein generelles Defizit hin: „Medizinstudenten und auch Ärzte in ihrer Ausbildung erleben kaum, wie der ärztliche Alltag in Reha- und Kureinrichtungen aussieht. Um diesem Problem zu begegnen, wäre es wichtig, das Rotationsprinzip während der Ausbildung zu leben und die vorhandenen Ausbildungsangebote in Reha-Einrichtungen zu nützen.“

Zusammenarbeit mit Zuweisern ausbaufähig

Weißengruber-Auer hat in der Studie auch Aspekte des Nahtstellenmanagements hinterfragt. Fakt ist hier, dass Patienten, die in einer für sie passenden Reha-Einrichtung waren, eindeutig bessere Genesungsverläufe haben. Im Sinne eines guten Nahtstellenmanagements ist der fachliche Austausch zwischen den behandelnden Ärzten der Akuteinrichtungen und der jeweiligen Reha-Einrichtung notwendig. Nur so könne bereits vom ersten Tag an mit einer individuell angepassten Rehabilitation begonnen werden, sagt die Expertin: „Es stellte sich aus den Antworten heraus, dass Patienten oft zu wenig Wissen über ihr zugewiesenes Reha-Programm haben. Dementsprechend entstehen oft falsche Erwartungen und Hoffnungen und als Folge eine latente Unzufriedenheit, die mitunter bis zum Reha-Abbruch führen kann.“
Ein wichtiger Schritt für eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Geschäftsführungen der einzelnen Häuser wäre eine stärkere Einbeziehung der Ärzte in die organisatorische Arbeit – allerdings unter dem Aspekt des jetzt schon bestehenden hohen Bürokratieaufwandes. Hier gilt es, gute Lösungen zu finden. „Ob es hierfür sinnvoll ist, dass auch in Reha- und Kureinrichtungen Vertreter der Ärzte etabliert werden, in Analogie zum Mittelbauvertreter im Spitalsbereich, soll in der nächsten Zeit andiskutiert werden“, meint Gibis.

Vernetzungstreffen als Lösungsvorschlag

Alle Beteiligten zeigen sich zufrieden mit den aufschlussreichen Ergebnissen der Befragung. Nichtsdestotrotz gibt es Themen, die diskutiert und weiterhin offensiv eingefordert werden sollten. „Als ersten Schritt möchten wir ein Vernetzungstreffen für Interessierte organisieren, um einen Austausch unter den Reha- und Kurärzten zu starten und konkrete Lösungsansätze anzustoßen“, kündigen Niedermoser und Gibis gemeinsam an. bl n

Quellen:

  • Studie: Arbeitszufriedenheit von angestellten ÄrztInnen in Reha- und Kureinrichtungen, Ergebnisse einer ober­österreichweiten Umfrage; Frühjahr 2023, Autorinnen: Mag. Sabine Weißengruber-Auer, MBA; Claudia Wimmer, www.ligforschung.at
  • Studie Branchenanalyse medizinische Rehabilitation, Oktober 2019, Autorinnen: Sabine Baldauf, Karin Vitols; Hans-Böckler-Stiftung

Nachgefragt bei ...

Mag. Sabine Weißengruber-Auer, Linzer Institut für Gesundheitssystem-Forschung (LIG)

Sie sind Expertin in Qualitäts- und Forschungsfragen im Bereich Gesundheitsversorgung und Gesundheitssysteme und haben das Projekt „Zufriedenheit der Ärzte und Ärztinnen in Reha- und Kureinrichtungen“ geleitet. Gab es einen speziellen Anlass, diese Studie durchzuführen?
Trotz der systemrelevanten Bedeutung von Reha- und Kurärzten gibt es so gut wie keine Umfragen zu den Themen Arbeitszufriedenheit und interprofessionelle Zusammenarbeit im Kur- und Reha-Bereich. Aus diesem Grund beauftragten die beiden Referentinnen, Prim. Natalie Gibis und ihre Co-Referentin Dr. Simona Bystrianska, eine Umfrage unter den Ärzten durchzuführen. Ziel der Befragung war, die Stimmungslage und Zufriedenheit über gezielt ausgesuchte Aspekte zu ermitteln.

Gab es diese Studie schon öfters, gibt es Vergleichswerte?
Die Studie wurde zum ersten Mal durchgeführt. Angedacht ist ein zukünftiges Befragungsintervall von fünf Jahren.

Wie viele Kur- und Reha-Einrichtungen gibt es in OÖ?
Wir haben in Oberösterreich rund 30 Kur- und Reha-Einrichtungen, der größte Teil der Einrichtungen bietet stationäre Reha-Leistungen an.

Wie viele Ärzte arbeiten insgesamt in Reha- und Kureinrichtungen?
In Oberösterreich sind rund 200 Ärzte in Reha- und Kureinrichtungen angestellt, wobei die Zahl jener Ärzte, die in diesem Bereich tätig sind, in Summe eine höhere ist. Es kommen noch jene Ärzte hinzu, die entweder nebenberuflich oder als Honorararzt in diesen Einrichtungen tätig sind. Diese Gruppe wurde von uns in der Umfrage nicht erfasst.

In welcher Form sind die Ärzte befragt worden?
Die Befragung erfolgte online mit vorwiegend standardisierten Fragen und einigen offenen Fragen.

Ist die Reha- und Kurmedizin weiblich oder männlich? Kann man hier einen Trend erkennen?
Von den 212 hauptberuflich tätigen Ärzten sind 129 Ärzte weiblich und 83 Ärzte männlich. Im Hinblick auf die Interpretation der Ergebnisse ist jedoch anzumerken, dass die beruflichen Wege der Reha- oder Kurärzte sehr heterogen sind. Den Kur- oder Reha-Arzt per se gibt es nicht. Generell zeigt sich, die Medizin wird weiblich, und natürlich ist in jenen Bereichen der Frauenanteil höher, wo sich Beruf und Familie gut verbinden lassen.

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© istockphoto/Pakin Jarerndee
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Dr. Peter Niedermoser© pro medico
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Mag. Sabine Weißengruber-Auer© ZVG